Die roten Ballons mit der magischen Zahl 3.30 im Nacken
Mein erster Frühjahrsmarathon und ich habe ihn überlebt und was noch viel wichtiger ist: Ich habe (fast) jeden Schritt genossen!
Am 26.04.2015 war der Tag aller Tage: Der Haspa Marathon in Hamburg, mein erster Frühjahrsmarathon und mein erster, der nicht in Berlin war.
Mit im Gepäck waren meine Eltern und mein Freund, die mich in den Tagen vor dem Marathon motivierten und beruhigten, wo es nur ging.
Da es für mich alles Neuland war, reisten wir schon am Freitag an und holten meine Startunterlagen ab.
Bei den Messehallen angekommen wurde schnell klar, dass man sie nicht mit der Viva Vital Marathonmesse in Berlin vergleichen kann. Wir betraten eine große Vorhalle, in der sich auf der einen Seite die Geschichte des Haspa Marathons in Bildern/Fotos an der Wand wiederfand. Auf der anderen Seite befanden sich große Plakate mit der Strecke, dem zeitlichen Ablauf des großen Tages und die Teilnehmerlisten.
Dann ging es auch schon mit großer Spannung weiter in die große Halle. Zunächst war ich etwas überfordert, denn die Messe an und für sich war nicht groß, nein, aber diese eine Halle war ziemlich groß! Wir wussten gar nicht, auf welcher Seite wir anfangen sollten, entschieden uns dann aber doch recht schnell und bahnten uns unseren Weg vorbei an den klassischen Ständen von PowerBar, Dextro Energy, Erdinger Alkoholfrei und und und… Ich fand die Kostproben einfach super! Wir konnten uns praktisch einmal komplett durchfuttern. Genau das richtige zwei Tage vor einem Marathon. 🙂
Schnell holte ich meinen Startbeutel mit der Startnummer ab. Ich hatte Glück, denn es war noch nicht so voll und ich kam schnell an die Reihe.
Von dem Inhalt war ich sehr positiv überrascht. Ich freue mich ja immer wie ein kleines Kind über ein Ü-Ei, wenn ich in diesen Beutel schaue 😀
Es befand sich wie immer einiges an Infomaterial, Gummibärchen, ein Müsliriegel, ein Gutschein für ein Eis, Duschgel, Erdinger Alkoholfrei, Red Bull (alle Sponsoren), Schlüsselanhänger und viel mehr drin. Der Beutel war dieses Jahr aus Stoff, eigentlich ganz nett, aber doof, dass der Sticker mit der Startnummer, der an dem Beutel bei der Kleiderabgabe befestigt sein muss, sich immer wieder löste. Aber Frau denkt praktisch und hat sie einfach mit einer Sicherheitsnadel befestigt und den Namen noch einmal mit einem Edding auf den Beutel geschrieben. 😀
Danach ging es dann auch bald schon in unser Hotel. Wir hatten Zimmer in einem Motel One an der Alster. Ganz oben im 19. Stockwerk mit Blick auf die Stadt und auf die Alster.
Sehr viel mehr sollte an dem Tag auch nicht mehr anstehen. Wir gingen abends noch in einem Steakhaus essen und danach noch einmal kurz auf die Reeperbahn, aber dann rief auch schon das Bettchen. Denn wir wollten am nächsten Tag schon früh aufstehen, die obligatorischen 3-5km an der Alster zum Warmlaufen absolvieren und dann ordentlich frühstücken 😉
Am Tag vor dem großen Tag dann machten wir uns auf den Weg in die Stadt und erkundigten so einige Gassen. Leider war das Wetter nicht mehr so toll, wie am Vortag, es war trist und regnerisch. Aber die Laune stimmte und die Vorfreude auf den Lauf stieg dennoch von Minute zu Minute.
Am späten Nachmittag trafen wir uns wieder mit meinen Eltern und gingen lecker italienisch essen. Ich entschied mich für eine Schinken Pizza mit Champignons. Auf dieser befanden sich alle Zutaten, die mein Körper einen Tag vor einem langen Lauf braucht. Und lecker war sie auch 😉
So, abends gab es noch ein wenig Trockenobst und Gummitiere, viel zu trinken und dann ging es auch schon ins Bett.
Pünktlich um 5 klingelte der Wecker, die Sachen hatte ich am Abend zuvor bereits zurecht gelegt, ab unter die Dusche, ab zum Frühstück. Die ersten saßen schon vor 6 unten, aber wir fanden noch gute Plätze und ich konnte mein Laugenbrötchen mit Honig, meine Banane, Espresso und Saft in Ruhe genießen. Langsam füllte sich dann auch der Raum, nach und nach strömten immer mehr gierige Läufer Richtung Buffett, immer mit kritischen Blicken nach links und rechts zu den anderen Läufern, was sie denn so zu sich nehmen.
Zu 7.15 begaben wir uns dann in Richtung U-Bahn. Was lustig ist, war, dass meine Freundin Joshly und ihr Freund auch in dem Hotel waren, wir uns aber immer verpassten!
Die U-Bahn füllte sich auch nach und nach, am Start angekommen, hieß es dann Abschied nehmen, die Dixie Klos warteten und ich wusste aus Erfahrung, dass sich die Läufer gerne Zeit auf diesen Dingern ließen und es sich nur um Stunden handeln konnte, bis ich endlich an die Reihe kam. Ich stand und stand und stand, machte mir Gedanken über den Lauf, nahm meinen Energie Riegel zu mir, trank noch einen Schluck, erledigte also alles, was erledigt werden musste. Dann kam ich endlich an die Reihe und hey, vor mir standen nur 10 Leute und ich habe nur knapp 30 Minuten gebraucht. Keine Ahnung, was die Leute da immer auf diesen ekeligen Dixie Klos hält.
In der Halle fand ich schnell meine verantwortlichen kleinen Helfer (kleine Mädels), die freundlich meinen Kleiderbeutel entgegennahmen. Es wurde ernst!
So viele Menschen liefen nun in Richtung Startblöcke. Ich habe noch einmal kurz einen Blick auf mein Handy erhascht und gesehen, dass meine Eltern und Freund zu Beginn von Startblock E standen. Also begab ich mich ganz nach vorne zu meinem Startblock. Schnell konnte ich sie auch entdecken und freute mich riiiiesig! Auf dem Weg dorthin begegnete ich einem bekannten Gesicht aus meinem Lauftreff Hübis Lauftreff (mehr unter Lauftreffs). Sein Ziel: Marathon in 3.30.
Es ging los! Schnell noch verabschiedet und ich trabte langsam in Richtung Start.
Ich ging diesen Lauf ganz entspannt an. Ich habe zuvor immer gesagt, dass es nur ein Trainingslauf in Vorbereitung auf den Berlin Marathon werden soll, da ich echt nicht viel trainiert habe. Vor allen Dingen die Intervalle kamen eindeutig viel zu kurz. Erst in den letzten Wochen “taperte” ich richtig, machte noch ein paar Intervalle und fühlte mich dann einigermaßen vorbereitet. Hinzu kam eine andere Ernährung, die ich vor dem Berlin Marathon noch testen wollte. Ich lehnte mich dabei stark an die Saltin- Diät an, die eine Glykogensuperkompensation bewirken sollte, das heißt eine maximale Auffüllung der Kohlenhydratspeicher. Etwa eine Woche vor dem Marathon wurden die Speicher bei einem letzten längeren Lauf geleert, von da an gab es nur noch <5% Kohlenhydrate und trainiert wurde dennoch. Es ist also eine Eiweiß-Fett-Diät. Es war hart, aber ich zog es durch und da ich eh nicht so kohlenhydratverwöhnt bin, ging es ganz gut. In den letzten drei Tagen hieß es dann Kohlenhydrate frei, aber Achtung bei Fett.
Der Startschuss war also nun gefallen. Vor mir drei Pacer für die 3.30 mit ihren großen Ballons. Mhm, das war doof, ich wollte nicht bei denen laufen, um die herum tummelten sich so viele Menschen mit dem Wunsch nach einer sub 3.30. Aber irgendwie wurde ich sie nicht los. Die Strecke war eng, die ersten Kilometer waren sehr anstrengend. Die Strecke ist sehr wellig, ich hatte das Gefühl, nicht warm zu werden, jeder Schritt war anstrengend und langsam bekam ich Panik, wie ich denn die 42.195km durchhalten soll.
Auf einmal wurde ich aber doch warm, schaute auf die Uhr und die ersten 5km mit einem Schnitt von 5.00/km waren geschafft. Von nun an sollte ich schneller werden. Ich freute mich auf die “Berge”, da ich wusste, dass es gleich wieder bergab ging 😀 Ich genoss jeden Schritt, ich kam in die Stadt, die Glocken der Kirche ertönten für uns Läufer und ich fühlte mich wohl und motiviert.
Meine Eltern und Freund standen bei Km 16,5, 25 und 31. Ich glaube und weiß, dass sie unter anderem der Grund für meine Motivation waren. Ich sehnte mich nach diesen Kilometern!
Kurz vor Km 16,5 liefen wir durch einen Tunnel, der endlos schien und in dem das GPS komplett ausfiel! Ich fand das sehr lustig, die anderen um mich herum auch. Wir machten Stimmung, klatschten in die Hände, feierten uns und vergaßen für einen Moment komplett die Zeit auf der Uhr (konnten ja eh nicht die Pace sehen, so ganz ohne GPS). Nach dem Tunnel kam die Binnenalster. So viele Menschen standen an der Seite, Kinder, die darauf warteten, abgeklatscht zu werden.
Bei diesem Marathon nahm ich mir wieder die “Zeit”, blickte kurz nach rechts über meine Schulter und wagte einen Schlenker an den Straßenrand und klatschte die Kinder ab.
Die roten Ballons mit der 3.30 waren inzwischen weit hinter mir. Gut so, ich brauchte meine Ruhe und nicht die blöden Ballons. Nie wieder stelle ich mich in die Nähe von denen.
Km 16,5 und mein erstes Gel mit Wasser gemischt. Ich fühlte mich super und wusste, dass ich bald die HM Marke geknackt haben werde.
Davor ging es noch einmal ein Stück bergauf, langsam hatte ich Durst und da kam auch schon die nächste Verpflegungsstation. Doof nur, dass ein Läufer genau davor umkippte und ein Sanitätswagen den Getränkestand versperrte. Egal, wir quetschten uns vorbei und schnappten uns unseren Becher Wasser.
Bei Km 21,1km entdeckte ich an der Seite Run Pack Berlin und habe mich riesig gefreut! Es lief immer noch rund. Es ertönte Biene Maja und ich summte das Liedchen eine Weile vor mich hin. Nur noch ein paar Km bis zur 31! Da wollte mein Freund dann einsteigen. Eine riesige Motivation für mich.
Die roten Ballons näherten sich jetzt wieder langsam und ich wusste, dass sie mich noch einholen werden, aber das war mir ziemlich egal, ich möchte nur nicht den Druck, dass sie mir immer näher kamen. Die letzten 10km wurde ich etwas langsamer, ja, aber der Mann mit dem Hammer war noch lange nicht in Sichtweite.
Bei km 40 in etwa holten mich dann diese roten Ballons tatsächlich ein, ich sah sie aber immer vor mir und biss die letzten Meter dann noch einmal.
Ich hatte es geschafft. Die Ziellinie war direkt vor mir. Meine Beine wurden etwas schwerer, ich spürte meine Oberschenkel, aber mir ging es gut. Einfach gut. Auf die letzten Meter wurde ich schneller und holte noch ein paar Läufer ein und dann war es geschafft! Die Menschen haben mich ins Ziel getragen, ich schaute auf meine Uhr und konnte feststellen, dass es noch zu einer 3.29.31 gereicht hat. Meine neue persönliche Bestzeit! Ich ging sofort an die Seite, schluchzte ein paar Mal und dann ging es in Richtung Halle und Dusche. Die Zielverpflegung war gut, es gab Riegel, Obst, Salzstangen, Brezeln, Erdinger Alkoholfrei, Tee, Suppe und mehr. Ich hatte aber nicht wirklich Hunger, zumal es gerade angefangen hatte wie aus Eimern zu schütten.
Schnell ab unter die warme Dusche. Das tat gut. 🙂
Die Medaille ist wunderschön! Ein Finisher T-Shirt habe ich leider nicht mehr erhalten. Die waren bereits ausverkauft. Also merke dir: Nächstes Mal einfach mitbestellen bei der Anmeldung 🙂
Zeit: 3.29.31
Platz 186 (Frauen) und Platz 40. in meiner Altersklasse.
Fazit: Ein relativ anspruchsvolles Streckenprofil, klasse organisiert, viel Motivation von den Straßenrändern aus. Auf jeden Fall würde ich diesen Marathon noch einmal laufen. Aber nächstes Jahr ist erst einmal ein anderer Marathon an die Reihe. Vielleicht ja Wien? 😉 Aber erst einmal wird wieder Berlin gerockt!
Ein großes Dankeschön an meine Eltern und meinen Freund, die mich unterstützt, ausgehalten und motiviert haben!